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Ringreiten ist in ganz Norddeutschland verbreitet und hört sich nur anfänglich nach einem kurzweiligen Kinderspiel an. In Wirklichkeit erfordert es eine gehörige Portion Geschick, den nur 22 Millimeter großen Metallreifen mit seiner Lanze aufzuspießen. Im Mittelalter traten die Ritter beim Ringreiten gegeneinander an. Heute dürfen auch Damen mitmachen. In fast allen Gemeinden sind Ringreitervereine aktiv. In den Turnieren entscheidet sich, wer zum König oder zur Königin unter den mit Lanzen bewaffneten Reitern gekürt wird.
Hierbei handelt es sich um einen typisch friesischen Brauch, der nirgendwo anders in dieser Form zu finden ist. Das Biikebrennen ist der älteste Brauch in Nordfriesland und wurde mittlerweile entlang der Nordseeküste Schleswig-Holsteins vielerorts übernommen. Der Brauch ist etwa 2.000 Jahr alt und diente als Opferbrand, um den Gott Wotan zu besänftigen. Später verabschiedeten die Frauen ihre Männer mit Biikefeuern, als diese nach dem Winter zum Walfang aufbrachen. Heute geht es am 21. Februar gesellig zu. Das Biikefeuer besteht aus Tannenreisig und auch so mancher ausgediente Weihnachtsbaum muss herhalten. Es werden Gedichte in friesischer Mundart aufgesagt und anschließend kommt man zum Grünkohlessen zusammen.
Automatisch wird der Hase mit Eiern und allen übrigen Osterbräuchen in Verbindung gebracht. Nicht so im Raum St. Peter-Ording. Hier kann es durchaus passieren, dass sich der Osterhahn aufmacht, die Eier in die Nester zu legen. Auch von Lamm und Vogel bekommt der Hase im Norden Konkurrenz. In St. Peter-Ording kann eine Ostereierfärbestraße besucht werden. Dort geht es beim Bemalen der Eier ganz traditionell zu. Am Karsamstag gibt man sich beim Ostercrosslauf sportlich.
Am Silvesterabend darf es schon mal etwas lauter werden. Besonders die Kinder haben ihren Spaß daran, in bunten und schrillen Kostümen von Haus zu Haus zu ziehen und mit ihrem Gesang: “Lischen molk de Dör ob, De Rummelpott will rin” die Nachbarn zur Herausgabe von Süßigkeiten zu bewegen. Rummelpott ist niederdeutsch und steht für “poltern“. Früher wurde, um Krawall zu schlagen, ein Topf benutzt, welcher mit einer Schweinsblase überzogen war und als Trommel fungierte.
Bodenständigkeit heißt die Devise, welche die regionale Küche in St. Peter-Ording und auf Eiderstedt prägt. Deftige Kartoffel- und Fleischgerichte, Boddermelksupp und natürlich Fisch stehen auf dem Speiseplan an der Nordsee.
Die Bauern auf der Halbinsel Eiderstedt haben seit jeher ihre Töpfe und Pfannen mit dem gefüllt, was sie selbst angebaut und geerntet hatten. Diese Bodenständigkeit in der Küche hat sich in Form von zahlreichen einfachen und deftigen Gerichten, bestehend aus Fleisch, Fisch und Gemüse erhalten. Auch gebacken wird in Friesland gern. Schließlich ist man gern gesellig und kommt friesisch gemütlich zu Tee oder Kaffee zusammen. Was nicht fehlen darf ist das Krabbenbrötchen, als kleiner Imbiss nach einem Spaziergang an frischer Seeluft. Doch auch die Sterneküche ist an der Küste Zuhause und St. Peter- Ording bietet eine große Auswahl an Cafés, Bistros und Restaurants, welche allen Geschmäckern genügen, es sich aber nicht nehmen lassen, auf traditionelle friesische Küche zu setzen.
Wer in St. Peter-Ording typisch friesisch speisen möchte, der lässt sich Fisch und Wild auftischen, probiert auch Lamm und Geflügel und natürlich Rote Grütze und leckere Kuchen und Torten. Viele Gastronomen begeben sich zurück zu den Wurzeln der regionalen Küche und lassen auch Boddermelksupp und Klümp, Mehlbeutel oder Futjes auf der Speisekarte nicht missen. Für ein deftiges Eiderstedter Sauerfleisch werden Dicke Rippe, Essig, Wasser, Porree und Sellerie benötigt. Die Vielfalt der regionalen Küche kann man ganz traditionell in den Pfahlbauten genießen oder ein Bauernhofcafé oder eine friesische Teestube aufsuchen.
Wer glaubt, in St. Peter-Ording grüßt man sich immer mit Moin, Moin, kann schnell eines Besseren belehrt werden. Hier trifft man neben Hochdeutsch auch auf die eine oder andere Nordfriesische Unterhaltung. Daneben darf auch das Holsteinische Platt nicht unerwähnt bleiben, das besonders unter den älteren Einheimischen noch sehr verbreitet ist.
Wer in den Norden reist, der weiß, reines Hochdeutsch wird anderswo gesprochen und wenn man einem Friesen begegnet, der sich partout in Platt verständigen will, dann wird es schwierig werden, ihm zu folgen. Nordfriesisch ist ein Dialekt des Friesischen. Insgesamt existieren zehn Dialekte in Nordfriesland, teilweise mit fließenden Übergängen. Etwa 10.000 Menschen sind des Dialekts mächtig. Friesisch ist eng verwandt mit dem Englischen, beides sind nordseegermanische Sprachen, wenn man auch mit seinem Schulenglisch bei einem Friesen nicht wirklich weit kommt.
In St. Peter-Ording wird Festlandnordfriesisch gesprochen. Die Dialekte zwischen Inseln und Festland weißen teils große Unterschiede auf, da sie unterschiedlichen Einflüssen unterlagen und auch die zahlreichen Einwanderer auf dem Festland und den Halligen die Sprache prägten. Eiderstedt war seit jeher eine relativ wohlhabende Region und der nordfriesische Dialekt verschwand bis zum 17. Jahrhundert nach und nach. Die niederdeutsche Sprache setzte sich durch. Der Dialekt wurde auch durch die im 16. Jahrhundert einwandernden Holländer beeinflusst.
Damit die friesische Sprache nicht verloren geht, wurde im Jahre 1964 das Nordfriisk Instituut gegründet. Die Geschichte und das Kulturgut der Friesen zu bewahren, ist die Aufgabe des von regionalen Vereinen und Forschern unterstützten Instituts. Wer sich für die regionalen Gegebenheiten und die sprachliche Entwicklung in Nordfriesland interessiert, ist angehalten, die Einrichtung zu unterstützen. Eine Möglichkeit in St. Peter-Ording richtig mitreden zu können, ist die Aneignung des Holsteiner Platt. Hierzu wurde ein zweisprachiges Lehrbuch herausgegeben. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Redensarten und Sprichwörter vervollkommnen die Lektionen im “Uns plattdeutsch Spraakbook op hochdeutsch un nedderdeutsch” Lehrbuch.
In St. Peter-Ording frönt man einer ganz besonderen Leidenschaft, dies wird Urlaubern spätestens dann klar, wenn sie den Strand betreten und die Pfahlbauten erblicken. Die Holzbauten scheinen Wind und Wellen zu trotzen und zeugen von einer Handwerkskunst die über die Jahre perfektioniert wurde. Nicht jeder Kreative ist perfekt, aber dennoch wird in St. Peter-Ording viel gewerkelt und gestaltet. Die Fundstücke vom Strand bieten hierfür eine wunderbare Inspirationsquelle und lassen wahre Unikate entstehen, die Urlauber nicht selten zu ausgefallenen Erinnerungsstücken werden lassen.
Was für die einen nur als Strandgut übersehen wird, ist für wieder andere ein wahrer Schatz. Steine, Holz und Muscheln, vom Meer geformt, sind wie geschaffen, um kreative Ideen umzusetzen und Maritimes mit hohem Widererkennungswert zu schaffen. So entstehen Schmuck, Skulpturen, Vögel aus Naturmaterialien oder Lichtobjekte die zum wahren Hingucker werden.
Die Pfahlbauten sind die Wahrzeichen des Ferienortes und bei einem Strandspaziergang nicht zu übersehen. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete man die ersten Pfahlbauten. Schnell war der Beinamen “Giftbude” geboren, denn hier gab es Essen und Trinken für die Badegäste und vor allem der wärmende Cognac führte damals zur dieser Bezeichnung. Da die ersten Pfahlbauten zu niedrig waren, konnten sie Wind und Wogen nicht standhalten. Die Handwerkskunst wurde perfektioniert und heute sind die Pfähle etwa fünf Meter tief im Untergrund verankert und die Restaurants sind in einer Höhe von acht Metern sicher vor den Launen des Meeres. Die Querbalken an den Pfahlbauten sollen als Schutz vor Eisschollen dienen. Die Pfahlbauten besitzen eine Anziehungskraft auf Besucher und in den verschiedenen Pfahlbautenrestaurants wird regional urige Küche aufgetischt.
Lange gab es die Eiderstedter Tracht nicht, denn bereits nach kurzer Zeit verschwand sie im 17. Jahrhundert wieder von der Bildfläche. Wie die Bauerntracht aussah, weiß man aufgrund von Kirchenbüchern.
Jede Region hat ihre Tracht, dabei schließt sich die Halbinsel Eiderstedt nicht aus. Jedoch hat die Tracht hier nicht lange überlebt und konnte daher nur schwerlich und anhand von Sandsteinfiguren rekonstruiert werden. Will man die Trachten St. Peter-Ordings mit eigenen Augen sehen, dann lohnt der Besuch des großen Eiderstedter Heimatfestes, wo die der Vergangenheit entrissenen Trachten seit 1927 getragen werden. Auch wenn die Trachtentanzgruppe St. Peter-Ording ihre Auftritte hat, erlebt die Kleidung der Vorfahren ihre Renaissance. Wer Trachten liebt und es mit den regionalen Gegebenheiten nicht allzu genau nimmt, der kann jährlich beim Oktoberfest des Edelimbiss Gosch mit Dirndl, Lederhose und Schuhplattler seine Trachtenverbundenheit bekunden.
Sie war schick und besaß einen hohen Wiedererkennungswert und dennoch währte die Glanzzeit der Eiderstedter Tracht nur kurz. Die Tracht bildete sich heraus, als im 15. Jahrhundert intensiver Handel mit den Niederlanden betrieben wurde. Die Bauern kamen durch den Getreideexport zu Wohlstand. Im 16. Jahrhundert wurden die Waren auch nach Spanien und England ausgeführt. Der Import von Stoffen aus Holland und England machte die Schneider kreativ und die Eiderstedter Tracht wurde Ende des 16. Jahrhunderts geboren. Warum die schicke Standestracht bereits mit dem beginnenden 17. Jahrhundert wieder verschwand, blieb in der Geschichte verborgen. Um die Tracht zu rekonstruieren, mussten Abbildungen in Kirchen zu Rate gezogen werden. Auch in der “Grauen Frau”, einer um 1596 entstandenen Sandsteinfigur, fand man eine aussagekräftige Vorlage für die Neuschöpfung der Tracht.
Die Frauentracht bestand aus einem schwarzen Wollstoffkleid. Den Halsausschnitt bedeckte ein als Koller bezeichneter weiß unterlegter Schulterkragen. Dieser Kragen wurde auf der Brust mit einer Spange geschlossen, welche einst aus Gold bestanden haben soll. Zur Tracht zählte auch ein mit Metallplatten besetzter Gürtel. Auch hier spricht die Sage von goldenen Verzierungen. Die Tracht komplettierte eine seidene Flügelhaube mit goldenen Stickereien. Die Mädchentracht besaß Unterscheidungen in Form des Kragens und der Flügelhaube. Von der Männertracht weiß man, dass sie stark der damaligen spanischen Mode unterworfen war und durch die Kniebundhose charakterisiert wurde. Heutzutage hat es sich die Trachtentanzgruppe St. Peter-Ording zur Aufgabe gemacht, die Eiderstedter Tracht wieder aufleben zu lassen. So kann man das schmuckreiche Kleidungsstück bei Auftritten der Tanzgruppe im Einsatz erleben und gleichzeitig Zeuge eines Stücks regionaler Identität werden.